Dies ist ein Text aus dem Hamburger Abendblatt (bei dem auch alle Rechte liegen) vom 18.09.96
Ich erlaube mir, ihn hier zu zitieren:

Ausdruck des Protestes, Aufschrei einer geschundenen Seele
Der japanische Butoh-Tänzer Tadashi Endo gastiert am Freitag im Altonaer Monsun-Theater


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Der "Tanz der Dunkelheit" ist dem "Tanz der Zwischenwelten" gewichen. Für den Butoh-Tänzer Tadashi Endo liegen diese zwischen den kulturellen Wurzeln Japans und europäischer Lebensart, zwischen der Philosophie des Zen und westlicher Theatertradition. Am Freitag und Sonnabend wird der seit 26 Jahren in Deutschland lebende Japaner im Monsun-Theater in Altona sein neues Solo "Here and ..." zeigen.

"BUTOH-MA" nennt Endo seine Körperkunst, in der er auch auf der Bühne das "zwischen den Dingen Liegende" thematisiert: die Pause zwischen den Pausen zum Beispiel, die er nach erstaunter Nachfrage mit der kontemplativen Ruhe eines Zen-Meisters anhand der Musik erklärt: "In der Notenschreibung wird innerhalb jeder Pause genauso weitergezählt wie bei den Tönen." Oder der Raum zwischen den Räumen, wobei er das Bild eines japanischen Hauses vor Augen führt, in dem die Schiebetür zwischen zwei Zimmern nicht als Trennung, sondern als Zwischenraum begriffen wird. Die Bewegungen seines Körpers sollen - so will es Tadashi - das Unsichtbare sichtbar machen. Und jenen Moment der Verwandlung, jenen höchst spannungsvollen Augenblick, der sich vielleicht in einem Zittern, der Änderung der Körpertemperatur oder dem Austritt des Schweißes ankündigt.

Nachdem Endo bereits einige Jahre, erst als Assistent, dann als Regisseur, an deutschen Theatern gearbeitet hatte, begegnete er 1989 Kazuo Ohno, mit dem er seither, sowohl persönlich als auch beruflich, in enger Verbindung steht. Musik, insbesondere der Jazz, spielte für Tadashi Endo immer eine einflußreiche Rolle. Mit namhaften Jazzern wie A. Takase, M. Sato und St. Lacy ist er auf Festivals in ganz Europa aufgetreten. Im Monsun-Theater wird ihn der Hamburger Musiker Heinz -(Erich) Gödecke (Posaune, Gongs) begleiten.

Endo lebt in Göttingen, wo er 1992 das Butoh-Centrum MAMU gründete und jedes Jahr im Januar am Jungen Theater das MAMU-Festival veranstaltet. Neben japanischen Butoh-Größen, wie Kazuo Ohno und Carlotta Ideda, programmiert der heute 49jährige dann auch Jazz-Konzerte. Dabei ist diese Allianz nicht ausschließlich seinem persönlichen Faible zu verdanken. "In den 50er Jahren, in denen der "Tanz der Finsternis" von seinem Begründer Tatsumi Hijikata zum Ausdruck des Protestes gegen die zunehmende Amerikanisierung der japanischen Kultur propagiert wurde, hatte der Butoh in Japan eine starke Affinität zum Free-Jazz", erläutert Endo sein Anliegen, diesen ursprünglich gemeinsamen revolutionären Gedanken hier zu präsentieren.

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Damals galt Butoh als der Aufschrei einer geschundenen Seele. Hart und kraß trieben die Künstler jener Generation den Ausdruck von Unterdrückung unmittelbar in ihre Körper. Und als Anfang der 80er Jahre diese traditionelle japanische Kunst in die westliche Welt vordrang, waren Schock und Faszination die Antwort. Heute ist es um den Butoh stiller geworden, aber an eine Modeerscheinung will Tadashi Endo nicht glauben: "Butoh hat seinen Samen in die ganze Welt gestreut. Jetzt wachsen die Blumen in allen Farben und Formen, auch in Europa und Amerika. Vielleicht wird er eines Tages einen anderen Namen haben, doch immer noch die gleiche Philosophie in sich tragen." -ik


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