Ein Rundgang über PAPER ART 7

Ein Zitat aus dem Ausstellungs-Prospekt:

"electric paper" erkundet die Ausdrucksmöglichkeiten des künstlerischen Materials Papier in Kombination mit Elektrizität und elektronischen Medien: Papier und Licht, Video, Klang, Bewegung und Interaktion.

Nun ist ja Elektrizität nichts Neues mehr in unseren Landen, die elektronischen Medien jedoch geben den Meisten von uns sicherlich noch Rätsel auf.

Die Installationen der Künstler, die Ansprachen zur Eröffnung, die begleitenden Texte, sie alle zeigen hier die ungeheure Ratlosigkeit gegenüber diesen neuen Medien auf. Unter 'Neuen Medien' wird gemeinhin das Internet verstanden, und da niemand so genau weiß, was es ist, aber meint, Bescheid wissen zu müssen, wurden auch hier wieder dem Kaiser viele neue Kleider angezogen... aber dazu sage ich noch etwas an anderer Stelle.

Papier als Träger des künstlerischen Ausdrucks, Papier als Material, Papier mit seiner eigenen Ästhetik: jeder der Künstler hat sich diesem Material anders genähert, ist ihm mehr oder weniger gerecht geworden oder hat ganz einfach nichts mit ihm anfangen können.

Ich möchte einige der Werke hier vorstellen.

Der selbst-referentielle Ansatz


Marie-Jo LafontaineSo lieferte Marie-Jo Lafontaine eine Arbeit ab, die zwar auf den ersten Blick ein ästhetisches Entzücken auslöst, dann aber schnell ihre Beliebigkeit offenbart:

ein Stahlgerüst mit Papier überzogen, mit Tesafilm zusammengehalten und von innen beleuchtet, eine überdimensionierte Nachtisch - Lampe in Form eines extraterrestrischen Eindringslings, der nun vor sich hindämmert.

Der pseudo-kritische Ansatz

Helga Griffiths interpretiert Papier als Informationsträger, das uns umgibt, Helga GriffithsLeitbilder andeutet, uns überflutet, nur noch als Tapete dient...

In offensichtlicher Fleißarbeit hat sie einen Raum mit Hochglanz-Magazin-Seiten ausgekleidet und gibt auf eingebetteten Bildschirmen die gefilmte Orientierungslosigkeit des Betrachters wieder.
Überwachungskameras filmen ihn, wie er hilflos versucht, dem Papier Informationen zu entnehmen. Die Informations-Flut verharrt in ihrer kalten Schönheit und Inhaltsleere. Nun gut, aber? Enteignet Bertelsmann?

Fukuichi YoshidaDer verspielt-karge Ansatz

Fukuichi Yoshida stellt 100 Einkaufstüten auf, die er inseitig bemalt hat und die durch Quarz - Uhrwerke zum Rascheln und Zittern gebracht werden.

Der Betrachter verläßt den Raum ratlos.
Aber die Ratlosigkeit läßt ihn unberührt weiterziehen....

Der didaktisch-reduzierte Ansatz

Dmitry PrigovDmitrij Prigov, der zum 2. Male an dieser Biennale teilnimmt, konfrontiert einen Berg Tageszeitungen, gekrönt mit Blut oder Wein oder Wachs, mit einem schwarzen Kreis.

Der Kreis ist durchlässig, Licht findet seinen Weg hindurch, das Papier jedoch bleibt stumm, hermetisch, gibt keine Auskunft, dient als Tisch für einen abwesenden Trinker, der eine rote Spur hinterlassen hat ...

Prigov, ein Poet, ein Dichter, arbeitet mit Papier. Papier hält seine Texte fest, gibt ihnen Dauerhaftigkeit.
Diese Zeitungen hier berichten nicht über Poesie, vermelden den Zentnerpreis der Zuckerrüben und die neuesten Sonderangebote.

Der schwarze Kreis erlaubt Phantasie, Deutung, das bedruckte Papier läßt nichts zu Deuten übrig. Was gedruckt wurde, ist sprachlos.


Der text-referentielle Ansatz

Dan Senn Dan Senn hat einen ganz besonderen Raum geschaffen, eine Welt, in der Papierrollen, Lichter, Texte ihr eigenes Leben zu führen scheinen.

Von unsichtbarer Hand gelenkt, bewegen sie sich, und der Besucher versucht die Steuerung zu durchschauen. Das gelingt nicht, lenkt aber vom Lesen der Texte, die ihm vor die Nase gehalten, ab.

Ich verlasse den Raum mit dem schlechten Gewissen, ob ich nicht die Texte versäumt habe, aber ich nahm ein Bild mit, das Bild dieses für sich funktionierenden Raumes.


Der Klang des Papiers
Vladimir Tarasov
Vladimir Tarasov ist Schlagzeuger, Komponist, bildender Künstler. Er hat mit Nocturne für Papier eine Installation geschaffen, die der Ästethik des Papiers gerecht wird. Papier trägt das Bild und produziert Töne.

Eines der wenigen Werke der Ausstellung, das dem Anspruch, die Ausdrucks - Möglichkeiten des Papiers zu erkunden, gerecht wird.

Diese Installation verdient ihre eigene Seite.


Papier ist Papier ist Papier....

Quin Yufen

Das Papier stammt aus China, und aus China kommt auch die traditionelle Kunst der Scherenschnitte.

Papier als Material der Kunst, das ist, ich denke da auch an Lü Chen Zhong, einem chinesischen Künstler sicherlich sehr vertraut.

Quin Yufen schuf einen sehr eindrucksstarken Raum, eher einen schmalen Gang, links und rechts von hohen Regalen, die überquellen von Papier, begrenzt und eingeschränkt. Die Assoziation an Akten kommt unwillkürlich, sie wird aber gebrochen von der Zartheit des Materials, das gleichwohl eine Massigkeit ausstrahlt wie ein Felsklotz.

Diese Spannung zwischen zart und massiv, das ist ein Geschenk an uns von Quin Yufen.


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